Ana

 „Als Kind der 90er Balkankriege ist Frieden und die Bestrebungen danach von großer Bedeutung für mich. Kultur, Musik und Entfaltung für Toleranz und Frieden haben einen besonderen Wert. Ein künstlerischer Appell kann Menschen inspirieren für Einheit und Freiheit zu stehen, welche die Grundlage für Frieden sind. 'Wider Krieg' ist ein solcher.“

Alban A., 45, Redakteur & Dolmetscher

 

Gedanken zum Gedicht

Kurz nach dem die russische Aggression gegen die Ukraine eingesetzt hatte, rief mich ein Freund an. Seine ukrainische Ex-Freundin sei vor wenigen Tagen mit dem Flugzeug von Kiew nach Hannover geflohen. Er bat mich um ein Gespräch, da sie sich nicht entspannen könne und Hilfe suche. Wir vereinbarten einen Zoom-Call und sprachen etwa eine Stunde über verschiedene Möglichkeiten. Sie sagte, dass sie seit einer Woche kaum schlafen könne und unter starker Anspannung leide. Die Starre war ihr deutlich anzusehen. Später teilte man mir mit, dass es ihr besser ginge. Das Gedicht Ana ist dieser starken ukrainischen Frau gewidmet. Der Name wurde geändert.

 

Ana ist das erste von fünf Gedichten für den Frieden, die anlässlich des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine entstand. Es entstand im Herbst 2022 anlässlich des Lyrikwettbewerbes „Auf der Flucht“ der Gruppe 48 e. V. Das Gedicht ist Teil der Benefizreihe Wider Krieg - Lieder & Gedichte, das im Café KAFFka, im Keller III und im Luthersaal der Lutherkirche stattfand. Übersetzt wurde das Gedicht vom Ukrainischen Verein Niedersachsen e. V. Oksana Janzen, Bundesverdienstkreuzträgerin 2023, las die ukrainischen Texte auf den Veranstaltungen. Die Veranstaltung im Keller III wurde von der Landeshauptstadt Hannover Kulturbüro gefördert.

 

Das Gedicht mit Übersetzung ist erhältlich unter: https://www.eiryu.de/shop/wider-krieg/

Der Erlös kommt dem Ukrainischen Verein Niedersachsen e. V. zu Gute.

Eiryu unterstützt das Friedensprojekt und folgt keinen kommerziellen, politischen oder institutionellen Interessen.

Ana

 

Ich spüre nichts
Mein Schmerz ist verrückt
Krieg betäubt


Ich sitze im Flieger
Es ist wie das erste Mal
Als wär‘s das letzte Mal

 

Es ist keine Einbildung
Die Paranoia
Waffen schreiben die Zukunft

 

Männer kämpfen
Frauen, Kinder und Alte fliehen
Die immer gleichen Reflexe

 

Etwas bleibt stehen – die Zeit
Eine Psychologin meint später,
ich sei dissoziiert

 

Wolken sind unter mir
Mir wird übel
Oben ist unten

 

Ich erkenne mein Gesicht nicht
Da ist keins – nur Augen
Sie sehen dich
und spüren nichts

 

Ich fliege sicher ins Ungewisse
Eine Faust hält mich
Die Heimat brennt


Deutschland, leih mir deine Erde

 

Ана

 

Нічого не відчуваю
Моя біль божевільна.

 

Оглушає війна
Сиджу в літаку,
Цей перший раз
ніби востаннє.

 

Це зовсім не уява-
паранойя
Зброя майбутнє творить.

 

Боряться чоловіки,
Втікають діти, старі й жінки
Рефлекс в усіх однакóвий.

 

Єдине, що стоїть - це час,
Психологиня сказала потім
що я дезорієнтована.

 

Піді мною хмари,
Нудить страшенно
Верх став низом.

 

Не впізнаю обличчя свого
Тільки очі залишилися,
що без емоцій дивляться.

 

Лечу в невідомість
Кулак мене тримає,
Поки ненька палає.

 

Німеччина, позич свою землю

 


Lesung: 26.11.2024, Keller III Hannover,

Zeichnung: Alexander H. Köhler

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