Emma

„Für mich war Wider Krieg ein Ereignis, das mir lange in Erinnerung bleiben wird. Die Künstler schafften es, mich zu berühren. Die Übersetzung ins Ukrainische untermauerte die Intensität. Sie schafften es, ihr Anliegen zu unserem gemeinsamen Anliegen zu machen. Nicht wegschauen, nicht damit abfinden, Kraft spenden.“

Svilen Mitev

Gedanken zum Gedicht

Jedes Land hat seine Kriegsgeschichte. Deutschland ebenso wie die Ukraine. Die Auswirkungen von Flucht und Vertreibung lassen sich bis in die dritte Generation verfolgen. Im letzten Jahr saß ich in Eckernförde beim Bäcker und las. Eine Frau setzte sich zu mir. Sie blickte interessiert auf den Titel und fragte, wie ich das Buch fände. Es war Kriegskinder von Sabine Bode. Im Gespräch darauf erzählte sie mir, dass sie seit langem Krankenschwester sei und viele erlebt habe, die im Krankenhaus begännen, sich zu erinnern. Das sei eine oft traurige und manchmal erschreckende Erfahrung. Sie habe schon länger überlegt, dieses Buch zu kaufen und fand, dass unsere Begegnung kein Zufall war. Ich schenkte es ihr.

 

Die Journalistin Sabine Bode brachte dieses sensible Thema an die Öffentlichkeit. Ihre Bücher tragen die aufschlussreichen Titel „Kriegskinder“, „Kriegsenkel“ und „Vergessene Generation“. Ein nachdenklich stimmendes Zitat aus Kriegskinder lautete: Gleichwohl ist es wichtig, dass die Deutschen auch ihre eigenen Verletzungen wahrnehmen, sagte Brumlik, denn solange dies unterbleibt, können sie nicht wirklich Empathie, sprich einfühlendes Verständnis für andere Opfer entwickeln."

 

Emma ist das zweite von fünf Gedichten für den Frieden, das anlässlich des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine entstand. Es war ein Beitrag für Lyrikwettbewerbes „Auf der Flucht“ der Gruppe 48 e. V. im Herbst 2022. Das Gedicht ist Teil der Benefizreihe Wider Krieg - Lieder & Gedichte, das im Café KAFFka, im Keller III und im Luthersaal der Lutherkirche stattfand. Übersetzt wurde es vom Ukrainischen Verein Niedersachsen e. V. Oksana Janzen, Bundesverdienstkreuzträgerin 2023, las die ukrainischen Texte auf den Veranstaltungen. Das Projekt im Keller III wurde von der Landeshauptstadt Hannover Kulturbüro gefördert.

 

Das Gedicht ist auch erhältlich unter: https://www.eiryu.de/shop/wider-krieg/

Der Erlös kommt dem Ukrainischen Verein Niedersachsen e. V. zu Gute.

Eiryu unterstützt das Friedensprojekt und folgt keinen kommerziellen, politischen oder institutionellen Interessen.

Emma

 

Sie kommen
einst Beheimatete
Krieg marschiert auf den Feldern


Tränen, gespannte Kiefer, Zähne
Erwachsene mit Kinderaugen
Kinder mit grauen Gesichtern

 

Eine stopft ein Leben in fünf Minuten in den Koffer
Eine andere reist mit sechs Lagen Kleidung
Manche hat nur die Beine, die sie in die Hand nimmt

 

Ich träume von Raketen und Ruinen
von Wahn und Gewalt

Was du einem tust, tust du allen an

 

Heute ist vor langer Zeit
als Oma und ich auf den Bahnhöfen froren
Sie sagte: Anderen geht‘s schlimmer


Ich denke: Was wir für einen tun, tun wir für alle

 

Ема

 

Вони йдуть,
колишні жителі
в полях панує війна

 

Сльози, підборіддя і зуби зжаті.
Дорослі з очима дитини
Діти з сірим обличчям.

 

Хтось вміщає життя у валізу за 5 хвилин.
Деякі ідуть з шістьма пакунками одягу
А інші без нічого втікають.

 

Сняться ракети, руїни
Насилля й божевілля.
Що зробиш одному, зробиш й усім.

 

Пройшло багато часу,
Як ми з бабусею мерзли на вокзалі
Вона казала: „Іншим ще гірше.“


Я думаю: “Що зробиш одному, зробиш й усім.“


Lesung: 26.11.2023, Keller III

Zeichnung: Alexander Hans Köhler

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