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Battojutsu - Das Schwert ziehen und schneiden

Foto: Natsu Matsuri (japanisches Sommerfest) in Hannover

Einführung

Hatsumi Senseis Battōjutsu (抜刀術 Schwertziehen und Schneiden) ist von Überraschungen geprägt. Seine Art, das Schwert zu ziehen, scheint mal einem peitschenden Bambus, mal einem Nebel zu gleichen. Hatsumis Technik ist keine „Technik“. Er selbst sagt: „Ich unterrichte keine Form, ich unterrichte ‚Feeling‘.“ Er beschreibt seine Art des Schwertziehens als Teil seines Taijutsu, als Aspekt seiner Bewegung und als Ausdruck von Shizen (自然 Natur).

Wer Hatsumi Senseis Battō verstehen will, sollte ihn live erleben. Es scheint nur möglich zu sein, seine Bewegungen zu verstehen, wenn man seine physische Anwesenheit erlebt. Die Vermittlung geschieht traditionell im Isshi Soden, im direkten Kontakt vom Lehrer an den Schüler. Von ihm zu lernen, ähnelt der Aufgabe, unmittelbar vom Leben zu lernen.


Battōjutsu

Battōjutsu bezeichnet die Kunst des Schwertziehens und umfasst das Ziehen und Schneiden des Schwertes. Batsu oder Nuku (抜) bedeutet „herausziehen“ und Tō (刀) „Schwert“. Die Kunst ist auch unter den Namen Iaidō oder Iaijutsu bekannt. Der Begriff Iaijutsu (居合術) deutet auf die geistige Dimension hin. I 居 stammt von der Wurzel Iru „anwesend sein“, Ai (合) „Einheit“ – Iai ließe sich somit als „Anwesend sein in der Einheit von Körper und Geist“ übersetzen. Im 20. Jahrhundert entstand der Begriff „Iaidō“, der allgemein mit „Der Weg des Schwertziehens“ übersetzt wird. Hier bildete sich der Zen-orientierte Ansatz als universelle Haltung heraus: die Kunst des Schwertziehens als Lebensweg.

 

Geschichte

Im japanischen Mittelalter war die Technik des Schwertziehens eher ein Randphänomen. Erst im ausgehenden Mittelalter, während der Zeit der streitenden Reiche (Sengoku Jidai, 1477–1573), einer fast hundertjährigen Periode des Krieges in Japan, erfuhr sie ihre erste Blüte. Dies steht möglicherweise in Verbindung damit, dass das Katana zur Verteidigung ständig bei sich getragen wurde. Gleichzeitig fungierte es als Statussymbol der Samurai-Kaste. In der Schlacht war das Schwert eine nachrangige Waffe. Dort dominierten Yumi und Yari, also Bogen und Speer. In der nachfolgenden Edo-Periode (1603–1868), einer Zeit des Friedens, wurde Battōjutsu verfeinert.

„Revolverhelden” Japans?

Die Battōkas erinnern entfernt an die berüchtigten Revolverhelden aus dem Wilden Westen. Ein Kampf auf Leben und Tod konnte sich jederzeit und überall ereignen. Der Kontext des Battōjutsu ist die Verteidigung gegen einen Überraschungsangriff außerhalb der Schlacht, beispielsweise Hinterhalte, Überfälle und Duelle.

Wenn die Verteidigung erst einsetzt, wenn der blitzende Stahl des Angreifers zu sehen ist, ist es bereits zu spät. Daher hat die ununterbrochene Alarmbereitschaft oberste Priorität. „Tsune ni ite, Kyu ni awasu (常にいて、キュに合わす) – Wo immer du bist, was immer du tust, sei achtsam“, heißt es im Eishin Ryu, einer anerkannten japanischen Schwertschule, die sich auf das Ziehen des Schwertes spezialisiert hat und deren Wurzeln bis ins 16. Jahrhundert zurückreichen.

 

Bujinkan Battō & Iai

Im Bujinkan wird das Ziehen der Waffe als universelle Methode unterrichtet, die über das reine Ziehen des Schwertes hinausgeht. Die biomechanischen Grundprinzipien entsprechen dem Ziehen jeglicher Waffe. Dieser ganzheitliche Blickwinkel ist ein Wahrzeichen des Bujinkan. Darin liegt eine große Freiheit, die unterschiedliche Sichtweisen integriert. Diese Freiheit bringt sich durch Henka (Variationen) zum Ausdruck. Sie kennzeichnet Hatsumi Senseis Kunst und unterscheidet sie erheblich vom strengen Curriculum klassischer japanischer Schwertschulen wie Katori Shinto-ryū, Itto-ryū, Yagyushinkage-ryū und Tamiya-ryū, um nur einige zu nennen. Ein Großteil des Battōjutsu im Bujinkan existiert als mündlich überlieferter Teil des Kukishinden-ryū Kenjutsu und des Togakure-ryū Happō-biken.


Seinen Platz überlassen

Die Geistesschulung ist der zentrale Aspekt. Während die meisten Techniken auf der Devise „Angriff ist die beste Verteidigung“ beruhen, ist eine starre Haltung im Kampf nicht wünschenswert. Die Technik ist Ausdruck der Geisteshaltung – und umgekehrt. Hatsumi Sensei schreibt: „Ohne die richtige Geisteshaltung ist Iai-waza eine mangelhafte Technik. Fehlt die richtige Haltung, zeigt dein Schwert in die falsche Richtung. Daher ist es für den Shinobi notwendig, dass er sich seiner Motive völlig im Klaren ist. Wenn das der Fall ist und er Vertrauen in seine Fähigkeiten hat, kann er seinem Feind sogar ‚seinen Platz überlassen‘ und ihm die Möglichkeit geben, den Angriff abzubrechen.“

 

Zusammenfassung

Hatsumi Senseis Battōjutsu ist ein Ausdruck von Freiheit. Zwischen Klassik und Moderne nimmt seine Kampfkunst eine Sonderstellung ein. Er vereint die Koryū (Alte Schule) und den geistigen Weg des Budo (Kampfkunst). Gleichzeitig weist er einen neuen Weg durch die Kampfkünste, indem er die alten Formen von Unnötigem befreit und eine Rückkehr zur Lebendigkeit ermöglicht. Damit sticht er innovativ hervor und bewegt sich mühelos in der Zeitlosigkeit der Kriegskünste. Diese Freiheit ist sein großes Erbe, dessen Bewältigung in der Verantwortung des Einzelnen liegt. Iaijutsu ist keine alte Technik, sondern ein Weg vorwärts ins Hier und Jetzt.

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